Karlheinz-Hora-Hof, Wien

Nach kurzer Pause wurde 2015 die große Tradition des Wiener „Gemeindebaus“ wiederbelebt. Punktuelle Eigenprojekte der Stadt neben den weiterhin üblichen geförderten Projekten machen viel Sinn – vor allem, wenn ein älteres Wohnhaus der Stadt intelligent den heutigen Anforderungen angepasst werden soll.
Wohnungen statt Garagen
Die neue Wohnhausanlage am Handelskai 214A schließt das Stuwerviertel zur Donau hin ab — wenn man den breiten Streifen zwischen der Engerthstraße und dem Ufer, der ursprünglich der Industrie diente und aktuell mit hohen Wohnanlagen bebaut ist, dem Gründerzeitviertel nahe dem Praterstern zurechnen will. Am Handelskai 214 war in den Jahren 1975-76 eine Wohnanlage der Gemeinde Wien mit 1040 Wohnungen in Plattenbauweise errichtet worden. Gegen den viel befahrenen Handelskai und die Bahn schirmte seine hohe, 400 Meter lange Randbebauung ab. Eine vorgelagerte Garage mit zwei oberirdischen Geschossen verstärkte den Effekt dieses Riegels. Auf der stromabgewandten Seite gliedern abgetreppte Bauteile, die im rechten Winkel zum Riegel stehen, eine üppige Grünfläche in überschaubare, verschieden große Höfe. Schon damals waren vielen dieser Wohnungen Loggien zugeordnet, auch solche mit frontalem, aber durch die Garage vom Lärm abgerücktem 180-Grad-Donaublick.

Gegen den viel befahrenen Handelskai und die Bahn bietet der 400 m lange Sockelbau mit nur einem oberirdischen Geschoss den geforderten Schallschutz. © Hertha Hurnaus
Der Zubau, der an Stelle dieser Garage entstehen sollte, durfte weder den Schallschutz oder die Belichtung für den Bestand verschlechtern noch den Blick komplett verstellen. Ein geschlossener, hoher Neubau auf der Grundfläche der Garage kam daher nicht in Frage. Der Bebauungsplan sah einen durchgehenden Sockel über die ganze Länge von 400 m vor, der maximal doppelt so hoch wie die Garage hätte werden dürfen. Er sollte auch wieder PKW-Stellplätze enthalten, für den Bestand und für den Neubau, in nicht mehr als zwei Untergeschossen. Um aber rund 19.000m2 Wohnnutzfläche erzielen zu können, wurden fünf sogenannte Hochpunkte mit Bauklasse VI ausgewiesen.
Wellenmotive an der Donau
querkraft architekten gewannen das Bewerbungsverfahren mit einem Entwurf, der diese Grundidee bis zu ihren äußersten Möglichkeiten ausreizt.

Die Dachfläche des oberirdischen Sockelgeschosses ist durchgehend als Grünraum gestaltet. © Hertha Hurnaus
Dazu vermaßen und analysierten sie den Bestand und hinterfragten den Bedarf an Stellplätzen, die über die Pflichtstellplätze hinaus vorgesehen waren.
Das 400 Meter lange kommunikative Gartendeck dient nicht nur als Bindeglied zwischen Bestands- und Neubau, sondern auch als gemeinschaftliches Aktionsfeld, wohin alle BesucherInnen über drei Freitreppen und eine Brückenanbindung zum Donauufer eingeladen werden. Durch Absenkung der Garage wird auch die Wohngasse aufgewertet und begrünt, kommunikative Aufenthaltszonen und Freibereiche für alle Altersgruppen entstehen.
Seit den 1970er Jahren und ihrer unbedingten Orientierung am Autoverkehr waren in der Nähe immerhin Stationen von zwei U-Bahnlinien gebaut worden. Die Traufkante des Bestandes bildet eine sanfte Wellenlinie mit fünf Gipfeln und vier Tälern. Vor diesen vorhandenen Wellengipfel sah der Bebauungsplan nun die Hochpunkte der neuen Bebauung vor. Das Wellenmotiv funktionierte im Bestand übrigens auch horizontal: Dessen Fassade ist durch zahlreichen Vor- und Rücksprünge gegliedert, die Risaliten ähnlich vom Boden bis zur Dachkante reichen. Sieben der elf Stiegenhäuser, die dem Neubau gegenüberliegen, sind in tiefen Rücksprüngen positioniert und haben dadurch eine andere Belichtungssituation als die vorne an sitzenden.
Grüne Fläche, schlanke Wohntürme
querkraft architekten reagierten intelligent auf diese Bedingungen: Sie entwarfen einen Sockelbau mit nur einem oberirdischen Geschoss, dessen Dachfläche durchgehend als Grünraum gestaltet ist. Mit ...

Die sieben vertikalen Erschließungen liegen am Versorgungsweg hinter gefaltetem Lochblech im Freien. © Hertha Hurnaus