Erinnerung und öffentlicher Raum
Das Forschungsprojekt „Politics of Remembrance and the Transition of Public Spaces: A Political and Social Analysis of Vienna“ (POREM) der Universität Wien befasst sich mit der Landschaft von Erinnerungsräumen an die politische Gewalt des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus in Wien.
Eine Karte aller permanenten Monumente, Skulpturen, Plaketten, Ausstellungen, Kunstinstallationen und vielem mehr zum Thema zeigt die zeitliche und inhaltliche Entfaltung der Erinnerungskultur von 1945 bis 2018. Insgesamt umfasst die Datenbank 1.947 Memorials, von denen 56 Prozent seit 2005 entstanden sind – dem entsprechend heißt die jüngste Periode in der Chronologie des Forschungsprojekts „Memory Boom“, nach den Phasen Antifaschismus und seine Anfechtung (1945–56), Erinnerungskonflikt und Beschwichtigung (1956–76), Segregation und Auslassung (1976–1988), Erinnerungsjahre (1988–1996) und Vergessene Opfer (1996–2006). „Memorials“, die Auslassungen der politischen Gewalt enthalten, nehmen seit 2006 stark ab und verschwinden seit 2014 fast komplett. Die Wienkarte auf der POREM-Website zeigt alle katalogisierten Objekte jeweils für eine bestimmte thematische Kategorie: Bei „Erinnern und Vergessen“ sieht man alle Einträge in der Datenbank, gegliedert in die zwei titelgebenden Gruppen: Einerseits Memorials, die politische Gewalt ansprechen, andererseits solche, die sie verschweigen. In die Gruppe „Vergessen“ gehören nach der Zählung des Projekts 20 Prozent aller gesammelten Memorials.
Eine weitere Karte zeigt, wie viele Beispiele in der vollständigen (80 Prozent) oder nur einer Teilöffentlichkeit zu finden sind. Die Karte stellt dar, auf welche Orte bei der Erinnerung als Platz sozialen Lebens oder der Gewalt Bezug genommen wurde. Ebenso wird zwischen „prominenten“ (15 Prozent) und „kleinen“ Memorials, zwischen Identitätsbildung in Bezug auf Widerstand und Befreiung versus Verfolgung (73 Prozent) oder in Bezug auf männliche, weibliche und universelle Individuen und Kollektive sowie zwischen verschiedenen „Stiftern“ der gesammelten Memorials unterschieden. Bei jeder dieser sieben unterschiedlichen Karten kann nach Typen gefiltert werden, außerdem bietet eine Zeitachse die Möglichkeit, nur die Memorials aus bestimmten Perioden darzustellen. Wenn man in die Karte hineinzoomt, kommt man bis zu jedem einzelnen Objekt, das mit Titel und Ort sowie weiteren Angaben beschrieben ist. Die Visualisierung der Projektergebnisse liefert einen eindrucksvollen Überblick zu Erinnerungspolitiken der letzten 75 Jahre.
Lesen Sie mehr in unserer Ausgabe zu Binary Codes (11/2019)