architektur.aktuell-Gründer 83-jährig verstorben

Ossi Schmid, 1936-2020

Ossi Schmid (c) architektur.aktuell

Im November 2017 durften wir das 50-Jahre-Jubiläum unseres Magazins noch gemeinsam mit unserem Gründer feiern – am 2. März 2020 ist Ossi Schmid im 84. Lebensjahr in Klosterneuburg verstorben. Wir betrauern einen bis zuletzt vielfach Engagierten, einen Macher der alten Schule, der keinen Stillstand kannte und die ersten zweieinhalb Jahrzehnte unseres Mediums prägte.


 

Der Lebensweg von Ossi Schmid ist typisch für die Nachkriegszeit, als vieles noch möglich war. Es war im besten Sinne auch eine Gründerzeit, insbesondere im Mediensektor. Was schon vor dem Krieg begonnen hatte, explodierte nach 1945 förmlich: Es war die große Zeit der Printmagazine, damals „Illustrierte“ genannt. Und es entstand das große Paralleluniversum des medialen Raums, der sich mit der Digitalisierung nochmals potenzierte.

Ossi Schmid war umtriebig und kreativ und wuchs in einer optimistischen Welt voller Möglichkeiten auf. Geboren am 30. Juli 1936 in eine bürgerliche Wiener Familie, hatte er schon als Schüler Kontakt mit der Medienwelt. Damals gab es in der Wiener Tageszeitung „Kurier“, die 1945 von der US-Besatzungsmacht gegründet worden war, eine Jugendseite, für die er Interviews mit Sporthelden lieferte. Danach absolvierte er eine Lehre als Schaufensterdekorateur – ebenfalls ein „Medium“, wenn man so will, das typisch ist für diese konsumfreudige, analoge Zeit. Kurze Zeit übte er diesen Beruf beim Kaufhaus Stafa aus. Ein weiterer Mega-Hype der Nachkriegszeit neben dem Medienboom war die Automobilisierung des Landes, an der Schmid ebenfalls kräftig mitwirkte. Vier Jahre lang werkte er im Außendienst der Automarke Citroën in einem beneidenswerten Job: Er durfte die neuesten Modelle gleich nach ihrem Launch den wohlhabenden Premium-Kunden des Herstellers persönlich präsentieren, um sie zum Kauf zu animieren. Ein bemerkenswerter Direktvertriebsweg, an den man sich vielleicht bald wieder erinnern wird. Dieser Job führte Schmid durch ganz Österreich, unter anderem auch nach Salzburg, wo er bei der Präsentation bei einem Hotelier seine spätere Ehefrau kennenlernte.

Ossi Schmid und CR Matthias Boeckl mit unserer Jubiläumsausgabe Nov. 2017

Ossi Schmid und CR Matthias Boeckl mit unserer Jubiläumsausgabe Nov. 2017

Die erste Redaktionsadresse war in der Habsburgergasse in der Wiener Innenstadt. Dort hat mein Vater gemeinsam mit meiner Mutter fast alles (bis auf Satz und Druck) selber gemacht. Selbst eine Dunkelkammer war dort untergebracht.

Andreas Schmid

 

„Nach seiner Zeit bei Citroën“, erzählt Schmids Sohn Andreas, „erhielt er das Angebot, eine Zeitschrift zu übernehmen. Es war das Magazin Planen, Bauen, Wohnen, das wirtschaftlich jedoch wenig überzeugte. So gründete er 1967 architektur.aktuell. Die erste Redaktionsadresse war in der Habsburgergasse in der Wiener Innenstadt. Dort hat mein Vater gemeinsam mit meiner Mutter fast alles (bis auf Satz und Druck) selber gemacht. Selbst eine Dunkelkammer war dort untergebracht.“ Der inhaltliche und gestalterische Anspruch des neuen Mediums war beachtlich: Es gab Interviews mit den wichtigsten zeitgenössischen Architekten (in der ersten Ausgabe etwa mit Karl Schwanzer) und zu den Projekt-Dokumentationen lieferte man das Planmaterial elegant auf eigens bedrucktem, ins Heft eingebundenem Transparentpapier. Außerdem setzte man auf ein plakatives Folio-Großformat, das allerdings bald einem versandfreundlicherem Standard-Format wich. Bis zum ersten Eigentümerwechsel um 1990 kümmerte sich Schmid um alles, entwarf die Blattlinie, schrieb, verkaufte Anzeigen, gestaltete gemeinsam mit einem Grafiker das Layout.

Ossi Schmid berichtet von der Gründung unseres Magazins, November 2017

Ossi Schmid berichtet von der Gründung unseres Magazins, November 2017

Das Medium ging schließlich 1994 in den Besitz des Springer-Verlags über und wechselte 2013 in die Hände des aktuellen Eigentümers Medecco. Schmid gründete mit dem Magazin „architektur“ im Orac-Verlag noch ein weiteres Fachmedium, bevor er sich weitgehend ins Privatleben zurückzog.

Das Team von architektur.aktuell mit seinem Gründer Ossi Schmid, 2017

Das Team von architektur.aktuell mit seinem Gründer Ossi Schmid, 2017

Dieses „Privatleben“ war allerdings weiterhin von intensiven Aktivitäten und Engagements auf allen möglichen Gebieten geprägt. Schmid lebte nun in Höflein bei Klosterneuburg an der Donau. Eine seiner Leidenschaften war die kultivierte Reise per Hausboot. Dafür schrieb er sogar einige Spezialführer über die schönsten Hausboot-Routen samt kulinarischem Kontext in Frankreich oder in der Lagune von Venedig. Eine weitere Leidenschaft war – wenig überraschend – das Bauen. Noch in seiner aktiven Zeit als Medienmacher hatte er beispielsweise eine alte Mühle in Oberösterreich oder ein uraltes Wohnhaus an der Stadtmauer von Purbach im Burgenland gekauft. Nach jahrelangen Renovierungsarbeiten veräußerte Schmid diese Objekte jedoch wieder – offenbar war die „Untätigkeit“ beim bloßen Genießen des Hauses nicht seine Sache.

An seinem Wohnort in Höflein engagierte Schmid sich besonders intensiv, wie viele Nachrufe aus Niederösterreich bestätigen. Seine Medienerfahrung nutzte er beispielsweise für das Pfarrblatt, für das er regelmäßig schrieb. Und er war eine der Seelen des lokalen Kulturvereins, für den er – wie übrigens schon zu seiner Zeit als architektur.aktuell-Macher – immer wieder Bildungsreisen zu den schönsten Regionen Europas organisierte: Noch im Herbst 2019 etwa reiste er mit der Gruppe nach Dresden.

Welch große gesellschaftliche Anerkennung Schmid in seinen letzten Lebensjahren genießen durfte, verrät der Nachruf der Niederösterreichischen Nachrichten: „Es gab kaum eine Veranstaltung in Höflein, bei der Ossi nicht mithalf. ‚Das Gemeinwohl lag ihm wahnsinnig am Herzen‘, erinnert sich Ortsvorsteher Manfred Hoffelner an seinen Freund. Und weiter: ‚Wenn Not an Mann war, war Ossi einfach immer da. Daher war er auch so beliebt im Ort.‘ Obwohl Ossi kein ‚Ur-Höfleiner‘ war, lag ihm der kleine Ort und das Gemeinwohl so sehr am Herzen. Egal ob beim Dorfverein oder beim Kulturverein: Ossi wuchs in die Dorfgemeinschaft wie kaum ein anderer hinein.“ – Und wir von architektur.aktuell haben ihm nicht weniger als unsere Existenz zu verdanken. Wir werden sein Andenken bewahren.

 

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