Gemeinschaft(s)leben, wohnen im urbanen Gefüge
Der Weg in den Architekturberuf ist ein langer. Nachdem man sich im Architekturstudium mühselig eine architektonische Stimme angeeignet hat, hat man als BerufseinsteigerIn im Büro erstmal weniger Entscheidungsmöglichkeiten. Dabei wäre ein frischer Wind in der Architektur bitter nötig. Auf einem städtischen Grundstück in Wien, gelegen zwischen Rechter Wienzeile und Schönbrunner Straße, findet sich seit 2023 der Wohnbau Schönbrunner Straße. Mit junger Projektleiterin (Urška Vratarič) sowie ebenfalls junger Projektentwicklerin (Walter Immobilien, Lisa Buchinger) bringt er besagten frischen Wind in den fünften Wiener Gemeindebezirk und die Architekturbranche.
Die Komplexität des Bauplatzes ergibt sich nicht nur aus dessen unregelmäßig geschnittenem Grundstück, sondern auch aus der Lärmbelastung durch die U-Bahn-Linie U4 auf der einen Seite und die stark befahrene Schönbrunner Straße auf der anderen Seite. Die auffälligen, versetzten Balkone sind als Reaktion auf die lärmige Umgebung des Wohnbaus entstanden. So wechseln sich auf der Südseite, zur Schönbrunner Straße hin, die Betonelemente der Balkone mit Geländern ab und bieten damit die Möglichkeit, sich dem Trubel der Stadt entweder zu öffnen oder sich davon abzuschirmen. Die Betonelemente sind zugleich Pflanztröge, die nach einem landschaftsplanerischen Konzept bepflanzt wurden. Die auskragenden Balkone der Nordseite hingegen sind versetzt angeordnet, um ausreichend Lichteinfall für die darunterliegenden Wohnungen zu gewährleisten.
Für die Projektleiterin Urška Vratarič war die schwierige Bauplatzsituation ein Sprung ins kalte Wasser. Als freie Mitarbeiterin fing sie bei GERNER GERNER PLUS. an und wurde im Jänner 2022 eine von sechs PartnerInnen – die Schönbrunner Straße ist ihr Debüt als Projektleiterin. Dass junge Architekturschaffende als PartnerInnen vorgesehen werden, ist keine Selbstverständlichkeit – das Durchschnittsalter für Partner (Gendern scheint hier überwiegend nicht nötig zu sein) in Architekturbüros liegt deutlich höher als das der BerufsanfängerInnen.
Urška Vratarič sieht hier jedoch einen langsamen Wandel in der Branche: „Auch etablierte Büros erkennen inzwischen, dass es eine strategisch gute Entscheidung wäre, auch jüngere PartnerInnen zu berücksichtigen. Architekturbüros werden immer mehr als Marke verstanden, die weitergegeben wird.“ Neben frischem Wind bringen jüngere Generationen auch andere Themen auf den Tisch. „Ich denke, die Frage der Wirtschaftlichkeit ist in unserer Generation präsenter als in vorherigen“, berichtet Urška Vratarič. „Das Thema Nachhaltigkeit ist in unserer Generation eine zentrale Frage. Wir haben gelernt, mit Ressourcen anders umzugehen – bezüglich Nachhaltigkeit, aber auch finanziell.“ Dieser gezielte Umgang mit Ressourcen zeigt sich auch im Materialkonzept der Schönbrunner Straße.
Ziel war „die Kostenreduktion ohne Verlust der Architektur“, was durch den Einsatz möglichst weniger Materialien in unterschiedlichen Interpretationen umgesetzt wurde. Es gibt drei Materialien, die sich durch das ganze Projekt ziehen...
Sie möchten weiterlesen? Dieser Beitrag ist Teil unserer Ausgabe 3/2024. Der Volltext ist ab Seite 98 zu finden.
Der Wohnbau Schönbrunner Straße in Bildern: