Unter den vier Überthemen Adaption, Transformation, Modulation und Zirkulation, handelt das Schweizer Baubüro in situ nach den Prinzipien der Wiederverwendung mit den Menschen und Ressourcen vor Ort und verfolgt damit einen klaren Reuse-Anspruch, der in einem starken Kontrast zu der aktuellen Abrissmentalität der Baubranche steht.

Greenwashing ist ein Problem, aber auch eine Chance. Schade wäre es, wenn Nachhaltigkeit ein Trend ist – das wäre eigentlich das Schlimmste.

Pascal Angehrn, Leitung der Zweigstelle Zürich – Altstetten des Baubüros in situ.

 

Neu gestaltete Fassadenfläche der Umnutzung des ehem. COOP-Verteilzentrum in ein Gewerbe- und Kulturhaus in Basel. © Martin Zeller

Die Planung vor Ort mit Mensch, Bestand und Umwelt ist ein besonderes Anliegen Ihres Büros, welche sind Ihre ersten Schritte um den Dialog mit einem neuen Projekt zu starten?

Wir betrachten den Ort und die Gebäude als Schatzkarte. Als erstes schauen, prüfen und hören wir, was vorhanden ist. Wir achten auf die Materialität und spezifische Eigenheiten, vor allem aber auch auf die bereits vorhandenen Ressourcen vor Ort, wie Leitungen und Kanalisation, aber auch Baumbestand, Tierwelt und Institutionen wie Vereine, Gruppen und Akteure allgemein. Damit wir von Anfang an ein in sich funktionierendes Projekt übergeben, haben wir im Idealfall diese Akteure schon in der Planungsphase in den Prozess miteingebunden.

Wir arbeiten nicht direkt auf das Endbild, das architektonische Objekt, zu, es geht uns eher um den Prozess, der auch kleine Details einbindet. Viele BauträgerInnen sind mit diesem Prozess überfordert, es ist nicht die übliche Art einfach ein Haus zu bauen. Wir fragen genau nach was sie brauchen und kommen am Ende der Analyse möglicherweise zu dem Schluss, dass sie beispielsweise gar kein Haus benötigen, vielleicht würde es schon reichen eine Tür an der richtigen Stelle einzusetzen um zwei Gebäude zu verbinden und zu aktivieren. Das sind kleine Eingriffe, die eine Nutzbarkeit im Moment ermöglichen und auf weitere Ansprüche wieder reagieren können.

Entwerfen Sie nach der Verfügbarkeit von Bauteilen, oder suchen Sie gezielt nach Bauteilen, die dem Entwurf entsprechen?

Wenn wir als Büro selbst entwerfen, versuchen wir zu Beginn eine sehr starke Idee zu skizzieren, die über Struktur, Materialität, Haptik und Farbigkeit klar definiert ist. Mit diesen Ansprüchen begeben wir uns dann auf die Bauteilsuche, woraus sich ein dynamischer Prozess entwickelt, je nachdem welches Bauteil wir konkret finden.

Reuse bauen erfordert eine noch höhere Sicherheit im Entwurf. Man muss sich sehr konkrete Parameter setzen, z.B. einen vierwöchigen Zeitrahmen, um ein Fenster zu finden und dann verwerten was sich in diesem Zeitraum finden lässt, sonst verliert man sich im Prozess. In der Schweiz wird sehr viel rückgebaut, weshalb wir es mit einem Bauteilüberschuss zu tun haben. Wenn man sich diese Parameter nicht setzt, könnte man mit zu vielen Bauteilen enden, die sich nicht mehr einsetzen lassen und somit ein Lager generiert haben welches finanziell zu Buche schlägt.

Man muss aber auch klar sagen, dass mit gebrauchten Bauteilen zu arbeiten nicht bedeutet günstig zu bauen. Der Gewinn, den man daraus erzielt ist nicht wirtschaftlicher Natur, sondern das Binden von CO2 – das muss einem etwas Wert sein...

Fassadenaufbau aus natürlichen Dämmstoffen des Aufstockungsbau auf dem Lagerplatz Winterthur. ©Martin Zeller

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