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Interview: Susanne Schmid

In „Eine Geschichte des gemeinschaftlichen Wohnens“, setzt sich die Schweizer Innenarchitektin Susanne Schmid mit den Entwicklungen des kollektiven Wohnbaus von 1850 bis heute auseinander und beschreibt darin die drei Leitmotive der ökonomischen, politischen und sozialen Intention.

Was sind die auffälligsten Unterschiede gemeinschaftlichen Wohnens von 1850 im Vergleich zu heute?

Die Auffälligsten Unterschiede betreffen insbesondere die Anforderungen an das Wohnen. So wurden um 1850 Grundausstattungen wie Nasszellen, Waschküchen und Küchen geteilt. Seit den 1960er, -70er und vor allem -80er Jahren, verlagerten sich gemeinschaftliche Nutzflächen zu freizeitlichen Aktivitäten wie Fahrradwerkstätten, Fotolaboren und Saunas. Der zweite Unterschied sind die NutzerInnen. Ursprünglich vorwiegend für das Prekariat ausgerichtet, gab es in den letzten 150 Jahren Verschiebungen zu neuen NutzerInnengruppen gemeinschaftlicher Wohnformen – angetrieben durch gesellschaftliche Veränderung. Heute ist ein wesentliches Thema im Wohnbau das Wohnen im Alter, das hat sich aus einem demografischen Wandel heraus entwickelt und ist vor allem in den letzten 15 Jahren vermehrt aufgekommen. Der dritte und letzte große Unterschied sind die InitiantInnen. Kollektive Wohnprojekte wurden ursprünglich von Industrieherren geprägt, die für ihre Arbeiter Wohnkonzepte umsetzten. Dann gab es eine Phase um 1900 – 1950 als die Architekturavantgarde sich als treibende Kraft zu gemeinschaftlichen Wohnbauprojekten positionierte und heute sind es oftmals die NutzerInnen selbst – es ist also ein demokratischer Prozess geworden.

Was können kollektive Wohnkonzepte zu aktuellen Krisenthemen wie Klimawandel, Bodenversiegelung, Zersiedelung etc. beitragen?

Diese Krisenthemen werden vor allem durch eine Frage der Balance zwischen Wohnbedürfnis und Wohnbedarf bestimmt. Hier kann das kollektive Wohnen einen großen Beitrag zu ressourcenschonenden Wohnformen leisten. Es gibt etwa in der Schweiz sehr ambitionierte Projekte die einen Flächenverbrauch von nicht mehr als 35m2 pro Person anstreben. Das bedeutet allerdings, dass ich meinen privaten Wohnraum reduziere und dafür einen Teil kollektiviere. Auf diese Art wird dem Flächenverschleiß durch Mehrfachnutzung und Nutzungsüberlagerung entgegengewirkt. So kann man Wohnflächen potenzieren...

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